Die EZB wird ihre geldpolitischen Entscheidungen um 13:45 Uhr deutscher Zeit treffen und die Pressekonferenz wird kurz darauf um 14:30 Uhr folgen. Bei der anstehenden Sitzung werden Änderungen der geldpolitischen Instrumente (Zinssätze und Anlagenkäufe) erwartet. Es sollte somit keine Überraschungen geben aber es besteht immer noch das Risiko einer möglichen Fehlkommunikation während der anschließenden Pressekonferenz. Lagarde sollte versuchen, diese Sitzung als Überbrückung bis zum Juni zu nutzen, indem sie über die Wirksamkeit der vorgezogenen Wertpapierkäufe vom März berichtet und Bilanz zieht. Um es kulinarisch auszudrücken, dürfte dieses Treffen eher die Vorspeise vor dem Hauptgang im Juni sein, bei dem die aktualisierten Wirtschaftsprognosen präsentiert werden. Darüber hinaus dürfte im Juni ein deutlich besserer Überblick über den Fortschritt bei der Einführung des Impfstoffs sowie die Auszahlung des Konjunkturfonds bestehen. Der Fokus wird also aller Wahrscheinlichkeit nach auf den Juni verlagert werden, wo das große Fragezeichen zur Beantwortung steht: Wird das Tempo der Pandemie-Notfallankaufprogramm (nachfolgend: „PEPP“) erhöht, verringert oder beibehalten?
Bereits im März, als die Renditen deutlich gestiegen waren, gab es Bedenken, dass sich die finanziellen Bedingungen verschärfen würden. Dies war ein Spillover-Effekt vom US-Anleihemarkt und spiegelte nicht die wirtschaftlichen Fundamentaldaten Europas wider. In einem Versuch, dies einzudämmen und den Aufschwung nicht zu bremsen, deutete die EZB an, dass sie ihre Käufe deutlich erhöhen würde. Aber was ist seitdem passiert?
Die lockeren finanziellen Rahmenbedingungen wurden beibehalten. Auf dem Anleihemarkt hat sich nicht viel getan, da die Renditen in den USA nicht mehr weiter steigen und Europa diese Entwicklung nachvollzogen hat. Die Inflationserwartungen haben in ganz Europa zugenommen, was in Kombination mit stabilen nominalen Renditen zu einem Rückgang der realen Renditen geführt hat. Die wichtigsten europäischen Aktienmärkte befinden sich im Aufwind. Der Euro ist jedoch im April geringfügig stärker geworden, was die finanziellen Bedingungen ein wenig verschärft, aber wenn man es mit den anderen oben genannten Faktoren abwägt, ist der Nettoeffekt nicht besorgniserregend.
Vor dem Hintergrund der Fakten stellt sich die Frage was der Kernpunkt der anstehenden Sitzung sein wird. Nun, gerade heute haben wir ein Update zu den letzten wöchentlichen PEPP-Käufen erhalten, und sie sind ziemlich niedrig und liegen unter dem Betrag der letzten Woche. Dieser Punkt wird bei diesem Treffen angesprochen werden, da die Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird. Sollte dieser Punkt nicht angemessen angesprochen werden, könnten die Teilnehmer am Anleihemarkt die EZB herausfordern und einen Mini-Taper-Tantrum riskieren, der sich in einem höheren EURUSD-Kurs zeigen würde, was der EZB bei der Unterstützung des Aufschwungs und der Rückkehr der Inflation auf 2% Kopfschmerzen bereiten würde. Dass Wort "Flexibilität" dürfte anlässlich der anstehenden EZB-Sitzung wieder Verwendung finden. Die Sitzung könnte uns darüber hinaus einen weiteren Einblick in die Debatte geben, die derzeit innerhalb der EZB stattfindet. Die EZB-Ratsmitglieder Klaas Knot und Robert Holzmann haben beide die Idee geäußert, dass die Anleihekäufe in den späteren Phasen von H2 2021 reduziert werden könnten. Die Antwort von Christine Lagarde auf diese wachsenden Forderungen wird ein interessanter Aspekt dieser Sitzung sein. Vergangene Woche Mittwoch vertrat Lagarde einen vorsichtigen Ansatz und erklärte, die Wirtschaft der Eurozone stütze sich auf zwei Krücken, nämlich die fiskalische und die geldpolitische, und diese Krücken sollten nicht vorzeitig weggenommen werden, bis eine vollständige Erholung in Sicht ist.
Wie bereits erwähnt, werden Händler diese Sitzung nutzen, um nach Hinweisen zu suchen, wie die EZB ihre PEPP-Politik im Juni ändern könnte. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen, da es von den Fortschritten bei der Erreichung des Ziels, 70 % der europäischen Bevölkerung zu impfen, abhängen wird. Außerdem hängt es davon ab, wie das Gerichtsverfahren in Bezug auf den EU-Wiederherstellungsfonds ausgeht und ob eine Wiedereröffnung rechtzeitig zur Sommersaison in Europa stattfinden kann. Das alles sind Faktoren, über die wir im Juni mehr wissen werden. Es ist eine schwierige Gratwanderung für Lagarde - die Konjunkturhähne nicht zu aggressiv zu öffnen und die Finanzstabilität zu untergraben, aber auch nicht zu früh zu straffen. Unserer Meinung nach sollte das Ankaufstempo auf dem aktuellen Niveau belassen werden. Die Risiken für den Wachstumsausblick sind jetzt symmetrischer, mit der jüngsten Erhöhung des Ankaufstempos und einem positiven Überschwappen der fiskalischen Stimulierung in den USA sollte die EZB weniger nervös sein, was höhere Renditen angeht, da sie einen sich verbessernden Wachstumsausblick widerspiegeln wird. Es würde nicht wirklich Sinn machen, das Tempo der Käufe zu erhöhen, wenn die Aussichten wahrscheinlich viel positiver aussehen werden. Sollte es jedoch zu weiteren Problemen bei der Einführung des Impfstoffs kommen und sich das Gerichtsverfahren in die Länge ziehen, wodurch sich der Einsatz des Rettungsfonds verzögert, dann wird eine Erhöhung des Ankaufstempos sehr viel wahrscheinlicher.
Nach der EZB-Sitzung werden wir am Freitag den Einkaufsmanagerindex April für die Eurozone erhalten. Es wird erwartet, dass die Zahlen im Vergleich zum März sinken werden, da die Sperrungen nicht aufgehoben wurden und neue Restriktionen in Italien, Deutschland und Frankreich gelten. Sollten die Zahlen jedoch nicht so schwach ausfallen wie erwartet, könnten sich eine Möglichkeit im EURUSD ergeben.
Bisher scheint sich der EURUSD über dem 50-Tage-SMA zu halten und den wichtigen horizontalen Widerstandswert von 1,205 USD in Angriff zu nehmen. Der RSI hat den 52-Widerstandswert, der frühere Erholungen im Abwärtstrend deckelte, bequem durchbrochen und marschiert nun weiter in Richtung überkaufter Werte. Wenn der Preis von der 1,205-Marke überrollt wird und die 1,19 hält und wieder nach oben drängt, könnten wir sehen, wie sich ein umgekehrtes Kopf-Schulter-Muster zu bilden beginnt (typisch zinsbullisch). Diese Begegnung könnte ein Katalysator für eine neue kurzfristige Preisbewegung sein.
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